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James Simon (1851-1932) als Vertragspartner der ägyptischen Behörden ...

"Der Berliner Textilkaufmann James Simon (1851-1932) finanzierte 1911 die Ausgrabungen der Deutschen Orient-Gesellschaft in Tell el-Amarna. Als Vertragspartner der ägyptischen Behörden stand ihm der deutsche Anteil der Fundteilung persönlich zu - darunter die Büste der Nofretete. Simon selbst setzte sich 1930 für einen Tauschhandel der Büste mit Ägypten ein.

Quelle: Blosat, Lena: "Ich befürchte, dass wir in den Augen der Ägypter als unzuverlässig erscheinen". In: IKA - Zeitschrift für Internationalen KulturAustausch. Ausgabe 67/68 (April 2007), S. 16.

Offener Brief an den Herrn Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung

"Ich befürchte, dass wir in den Augen der Ägypter als unzuverlässig erscheinen"

"Der offene Brief erschien am 28. Juni 1930 im "Berliner Tageblatt", adressiert an den preußischen Minister für Wissenschaft und Kunst Adolf Grimme.

Simon schreibt darin:

"Obwohl ich der Büste einen gewissen Affektionswert beimesse und mich ihrem eigenartigen Liebreiz nicht verschließe, habe ich doch, als von dem Museum in Kairo unter Ausschaltung der Politik dem hiesigen Museum ein Tausch vorgeschlagen wurde, durch den das gespannte Verhältnis zwischen den beiden Instituten in glücklichster Weise beendet werden könnte, mich aus sachlichen Gründen warm dafür eingesetzt, dass dieses Angebot angenommen werden sollte."

Simons Interesse galt den guten Beziehungen zwischen Berlin und Kairo, die 1923 auf dem Spiel standen: Erst zehn Jahre nach der Ausgrabung war der Fund der Büste auch in Kairo bekannt geworden. Ägypten reagierte mit Empörung und einem klugen Schachzug. Das zuständige Comité d' Egyptologie verweigerte dem deutschen Team um Ludwig Borchardt die gewünschten neuen Grabungskonzessionen für Tell el-Amarna. Simon ahnte, dass die guten Beziehungen nach Kairo für weitere Vorhaben in Ägypten entscheidend sein würden und musste einsehen, dass es ohne die Rückgabe der Nofretete keine Grabungen mehr geben würde.

1925 schrieb er an den Vorstand der Deutschen Orient-Gesellschaft: Für Tell el-Amarna "könnte das Comité uns keine Grabungserlaubnis geben, bevor es nicht einen Irrtum, der bei der Teilung 1913 vorgekommen sei, rektifiziert habe, d.h. bevor sie uns nicht die "bunte Königin" wieder abgenommen hätten."(...)"

Textauszug, ibid., S. 16.

Bust of queen Nefertiti in the Altes Museum, Berlin. Author: Arkadiy Etumyan
Bust of queen Nefertiti in the Altes Museum, Berlin. Author: Arkadiy Etumyan

James Simon als Gründer der Deutschen Orient-Gesellschaft

"Simon hatte als Gründer der Deutschen Orient-Gesellschaft und als Financier umfangreicher Ausgrabungen der deutschen Ägyptologie zu Ehre und den Berliner Museen zu Weltruhm verholfen. Auf der Rangliste der Berliner Millionäre auf Platz sieben, verteilte er nach 1900 jedes Jahr ein Drittel seines Einkommens an soziale oder kulturelle Projekte. Der zurückhaltende Sohn jüdischer Textilhändler, der gern Kunsthistoriker oder Philologe geworden wäre, war dem Wunsch des Vaters gefolgt und hatte1876, mit 25 Jahren, das Unternehmen der Familie übernommen. Begünstigt durch die amerikanischen Sezessionskriege stiegen die Brüder Simon von ärmlichen Hausierern in Hinterpommern zu den Baumwoll-Königen der Hauptstadt auf (...)"

Textauszug, ibid., S. 16.

Kaiser Wilhelm II., photo with personal dedication to James Simon. Source: "James Simon", Sammler und Maezen. Staatliche Museen zu Berlin, 2001.
Kaiser Wilhelm II., photo with personal dedication to James Simon. Source: "James Simon", Sammler und Maezen. Staatliche Museen zu Berlin, 2001.

Gemeinsame Faszination für Kunst und Kunstgeschichte

"Politisch liberal sympathisierte Simon mit der Sozialdemokratie und trat gegen den wachsenden Antisemitismus ein. Seine guten, fast freundschaftlichen Beziehungen zu Kaiser Wilhelm II, der ihn regelmäßig in seiner Villa in der Tiergartenstraße besuchte, lebten weniger von der Politik als von der gemeinsamen Faszination für Kunst und Kunstgeschichte. So auch für die Büste: Der Kaiser war 1913 der Erste, der ein Gips-Replikat der Nofretete überreicht bekam. Was als "Geschenkdiplomatie" eines aufstrebenden jüdischen Kaufmanns gegenüber der preußischen Hoheit verstanden werden kann, war vielleicht mehr eine Geste der Verbundenheit in der Bewunderung Ägyptens: Bereits 1901 hatte der Kaiser selbst das Protektorat über die Orient-Gesellschaft übernommen, und beschirmte damit die unfangreichen Grabungen der Deutschen am Nil (...)"

Textauszug, ibid., S. 16-17.

Residence of James Simon. Berlin, Tiergartenstraße 15a. Architect Carl Schwattlo. Quelle: "James Simon", Sammler und Mäzen. Staatliche Museen zu Berlin, 2001.
Residence of James Simon. Berlin, Tiergartenstraße 15a. Architect Carl Schwattlo. Quelle: "James Simon", Sammler und Mäzen. Staatliche Museen zu Berlin, 2001.

Berühmt-strittige Schätze an der Spree

"1920 schenkte Simon das Original, das kurzzeitig auf einer Vitrine in seinem Arbeitszimmer gestanden hatte, zusammen mit 5000 weiteren Fundstücken aus Ägypten dem Berliner Museum. Obwohl der Textilhandel bedingt durch den Ersten Weltkrieg kurz vor dem Konkurs stand, setzte Simon sich weiterhin überaus großzügig für die Kunstsammlungen in der Stadt, aber auch für die Grabungsarbeiten in Babylon, Palästina oder Ägypten ein. Sein Mäzenatentum brachte nicht nur die Nofretete-Büste, sondern auch andere berühmt-strittige Schätze wie das Ishtar-Tor an die Spree (...)"

Textauszug, ibid, S. 17

Das offizielle Grabungsverbot (1925)

"Als 1925 das offizielle Grabungsverbot für das deutsche Team erteilt wurde, bemühte Simon sich als Vermittler zwischen Kairo und Berlin und setzte sich vehement dafür ein, auf ein Tauschangebot Ägyptens für die Büste einzugehen. Die Berliner Seite, vertreten durch den Leiter der ägyptischen Sammlung Heinrich Schäfer, hatte selbst einem Tausch Nofretetes gegen das archäologisch einzigartige Standbild Ranofers zunächst zugestimmt. Obwohl Ranofer aus fachlicher Sicht als bedeutend wertvoller eingeschätzt wurde, kam es nie zur Rückführung der Büste. Simon machte seine Kritik am Berliner Habitus 1930 öffentlich (...)"

Textauszug, ibid., S. 17.