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Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte (ZRG) 125. Band - Germanistische Abteilung

Die Erforschung des naturrechtlichen germanischen Kulturerbes war seit jeher ein besonderes Anliegen C. F. von Savignys. Viel Forscherarbeit steckt in den schwierigen Editionen zahlreicher Stammesrechte und lokaler Rechtsordnungen (z. B. Stadtrechte). Ereignisse und Persönlichkeiten können nur mit zum Teil langwieriger Quellenforschung rekonstruiert werden, weswegen regelmäßige Berichte über Handschriftenfunde eine wichtige Arbeitsunterlage jedes Germanisten darstellen. Soziologische Fragestellungen finden Eingang in viele Untersuchungen. Die Trends der Zeit schlagen sich auch hier nieder in regelmäßigen Beiträgen zur Strafrechtsgeschichte und zu Gender Studies.

Die Herausgeber und ihre Anschriften:

Prof. Dr. Peter Oestmann (Institut für Rechtsgeschichte, Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Universitätsstraße 14-16, D-48143 Münster) (Aufsätze und Miszellen bis 1800), Prof. Dr. Joachim Rückert, Lehrstuhl für Juristische Zeitgeschichte und Zivilrecht, Johann Wolfgang Goethe-Universität, Postfach 111932, D-60054 Frankfurt (Aufsätze und Miszellen zur neueren Rechtsgeschichte) und Univ.-Prof. Dr. Gerhard Köbler, Universität Innsbruck, Innrain 52, A-6020 Innsbruck, e-mail: Gerhard.Koebler@uibk.ac.at (Besprechungen)

Aus dem Inhalt

Seitenansicht, ebd. S. XXXI
Seitenansicht, ebd. S. XXXI

Zum Erscheinen von Band 125 der Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte

Werner Ogris

Zeitraffer: 1818 Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft; 1861 Zeitschrift für Rechtsgeschichte; 1880 Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte (ZRG 1 RA und GA); 1911 KA tritt ins Leben (ZRG 32 KA 1); 1923, 1945, 1946, 1949: Jahrgänge entfallen; 1980 Zeitschrift von Weimar nach Berlin verlegt; Redaktion und Lektorat Reingard Rauch; 2002/03 Herstellung von Altenburg nach Wien verlegt.

I.

1. 1880 war, weltgeschichtlich betrachtet, kein besonders aufregendes Jahr: lm fernen Südamerika tobt der Salpeterkrieg, und Buenos Aires steigt endgültig zur Bundeshauptstadt von Argentinien auf; in Preußen leiten Milderungsgesetze das Ende des Kulturkampfes ein; zwischen Mitte Januar und Mitte März schreibt Friedrich Engels in französischer Sprache die Broschüre ,,Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft"; in der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn bestimmen nach wie vor Sprachenstreit und Nationalitätenhader das politische Leben und führen unter anderem zu einer Teilung der Universität Prag.

Und schließlich, auch nicht eben weltbewegend, für die Zunft der Rechtshistoriker aber doch recht bedeutsam: Bei Hermann Böhlau in Weimar erblicken die ersten Bände der Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte (ZRG) das Licht der Welt (1) !

2. Es waren zunächst nur zwei Bände, die erstgeborenen Zwillinge sozusagen: je ein Band der Romanistischen Abteilung (RA) und der Germanistischen Abteilung (GA). Die Dritte im Bunde, die Kanonistische Abteilung (KA), ist ja bekanntlich so etwas wie ein Nachzügler, ein Spätling: Ihr erster Band erschien erst 1911 (2). Es brauchte offenbar seine Zeit, bis die Distanz, um nicht zu sagen: die Gegensätze zwischen den Konfessionen so weit überwunden waren, dass man sich zu einem gemeinsamen Publikationsorgan zusammenfand. Viele Jahre später hat ein Chronist die Gründung der KA geradezu euphorisch als den Beginn eines neuen Abschnittes der kirchlichen Rechtsgeschichte bezeichnet, ja als einen Auftakt der ökumenischen Bewegung im Bereich der Wissenschaft(3). Leider muss man zugestehen, dass die ,,alteingesessenen" Romanisten und Germanisten der Bedeutung des Augenblicks nicht wirklich gerecht wurden und den ,,Familienzuwachs" eher mit Zurückhaltung als mit offenen Armen empfingen: Der Neuankömmling musste nämlich, gleichsam als ,,Mitgift", auf seinen Anteil (ein Drittel?) an den 600 Mark verzichten, welche die Savigny-Stiftung jährlich der ZRG als Zuschuss zu ihrem Honorar-Fonds zuwandte (4). Heute ist dies alles Schnee von gestern; und wenn die KA im Jahre 2008 nicht ,,schon" den 125., sondern ,,erst" ihren 94. Band vorlegt, so markiert dies lediglich einen unbedeutenden Altersunterschied; davon abgesehen ist die ZRG längst zu einer ,,dreifaltigen Einheit" geworden. Was selbstverständlich nicht ausschließt, dass RA und GA heuer jubilieren, die Kanonisten jedoch ihre eigenen runden Jubiläen begehen werden, und zwar entweder im Jahre 2011 "Einhundert Jahre KA oder im Jahre 2014 "Einhundert Bände KA".

3. Die ZRG ist, nicht zuletzt mit ihrer Gliederung in Abteilungen, ein Kind ihrer Zeit; sie steht aber auch in einer langen und ehrwürdigen Tradition rechtshistorischer Zeitschriften (5). Als deren ,,Urmutter" gilt von jeher die 1815 gegründete Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft, für die Friedrich Carl von Savigny, Karl F. Eichhorn und Johann F. Göschen (an dessen Stelle später Adolf A. Rudorff) verantwortlich zeichneten, die aber nicht in regelmäßigen Abständen erscheinen konnte und es bis 1850 lediglich auf 15 Bände brachte. Nach einer längeren Pause trat 1861 die Zeitschrift für Rechtsgeschichte ins Leben, die bewusst an die Tradition ihrer Vorgängerin anknüpfte (6). Auch von der damals ebenfalls schon sanft entschlummerten Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (20 Bände 1839-61 ) Wilhelm E. Wildas und August L. Reyschers wirkten Impulse nach. Eine Neugründung lag also in der Luft (7). Tatsächlich brachte Hugo Böhlau, damals Professor in Halle, seinen Bruder Hermann Böhlau, den Verleger, der 1853 die 1624 gegründete Hof-Buchdruckerei in Weimar erworben hatte, mit einem Kreis von Rechtshistorikern zusammen, welche die einst von Savigny gegründete Zeitschrift mit unveränderter Zielsetzung, aber in leicht veränderter Form wieder aufleben lassen wollten. Es waren dies: Georg Bruns, Johannes Merkel, Paul von Roth und Adolf Rudorff (8). Aber auch die neue Gründung gedieh eher schlecht denn recht; sie litt Mangel an Manuskripten, erschien in unregelmäßigen Abständen und ging daher anno 1880, nach 13 Jahresbänden (plus Registerband), eine Fusion mit der Savigny-Stiftung ein, von der beide Teile profitierten: Die Zeitschrift erhielt finanzielle Unterstützung von der Stiftung und trat mit deren Untrnehmungen in Verbindung; und die Stiftung ihrerseits gewann ein zwar nicht gerade glänzend funktionierendes, aber doch ziemlich fest etabliertes Organ für die Publikation ihrer wissenschaftlichen Anliegen und Arbeiten. Daher ab 1880 der Name unseres heutigen Jubilars: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte (ZRG) (9).

4. Der Übergang von der Zeitschrift für Rechtsgeschichte zur Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte (ZRG) im Jahre 1880 stellte weder in wissenschaftlicher noch in verlegerischer Hinsicht einen Bruch dar. Der Verlag blieb unverändert Hermann Böhlau Weimar (10); die Kontinuität der Herausgeber war, immerhin zum größten Teil, durch Hugo Böhlau, Georg Bruns und Paul von Roth gegeben, zu denen als Vierter noch Alfred Pernice hinzutrat. Kein Wunder, dass die ZRG weniger als Neugründung denn als Fortsetzung der Zeitschrift für Rechtsgeschichte betrachtet wurde (11). Dies zeigt sich auch in der Zählung der Bände: Die Bände l der ZRG RA und GA trugen gleichzeitig die Bandzahl XIV der Zeitschrift für Rechtsgeschichte - und so weiter und so fort. Diese Parallelnummerierung blieb bis inklusive 2000 (!) bestehen. Sie bildete eine unerschöpfliche Quelle missverständlicher Zitierungen, besonders in der KA, die fast neun Jahrzehnte hindurch jeweils nicht nur zwei, sondern drei Bandzahlen mit sich schleppte: jene der Zeitschrift für Rechtsgeschichte jene der ZRG; und schließlich ihre eigenen seit 1911 (ZRG KA). Es ist und war nicht immer ganz leicht, diese Zahlenmystik ausländischen Kolleginnen und Kollegen und/oder jungen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu erklären, da noch dazu die wichtigste Bandzahl in Worten ausgeschrieben, nicht in Ziffern wiedergegeben wurde. Jetzt sind es in der KA nur zwei Zählungen: die der KA und jene seit 1880 (12).

5. Die Verbindung mit der Savigny-Stiftung, unserer Namenspatronin, war freilich von Anfang an nur locker (13). Die Stiftung war 1863 gegründet, aber in ihrer Wirksamkeit nur wenig bekannt geworden. Als sich daher bei der Feier von Savignys 100. Geburtstag anno 1879 zeigte, dass die Strahlkraft seines Namens ungebrochen war, entstand bei den Herausgebern der Zeitschrift für Rechtgeschichte die Idee, ihr Periodikum, das ,,eigentlich nur eine Nachfolgerin der alten Savigny’schen Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft ist, mit dem Namen Savigny’s durch Vermittelung der Savigny-Stiftung in eine nähere Verbindung zu setzen, und dadurch zugleich der Stiftung selber ein festes und weitverbreitetes Organ für ihre Publicationen zu geben ..."(14).

Von dieser Möglichkeit hat die Stiftung in der Folge auch Gebrauch gemacht. Sie veröffentlichte in der ZRG Berichte und Ankündigungen und erlebte etwa mit der Auslobung einer Preisaufgabe über die Restitution des edictum perpetuum gleich zu Beginn ihrer ,,Zweckheirat" mit der ZRG einen steilen Höhenflug (15). Umgekehrt durfte sich die ZRG finanzieller Unterstützung von Seiten der Stiftung erfreuen(16). Seit diese allerdings als eines der vielen Opfer der Nachkriegsinflation der 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts ,,ruht" (17), blieb von ihr nur der Name im Titel unserer Zeitschrift(18).

6. Die ZRG erscheint heuer zum 125. Mal, zumindest mit ihrer RA und ihrer GA. Das ist gewiss ein Ereignis, das Verlag und Redaktion, Herausgeber und Mitarbeiter, darüber hinaus aber die gesamte Scientific Community der Rechtshistoriker aller Sparten und Schattierungen mit Stolz und Freude feiern können. Allerdings stimmt die Zahl der Bände nicht mit jener der Jahre überein. Wäre es anders, hätten wir schon 2004 das 125-Bände-Jubiläum feiern müssen. Zwar ging zunächst bis 1922 alles seinen geregelten Lauf (19). RA und GA publizierten ihren 43., die KA ihren 12. Band. Dann jedoch forderte die Inflation, insbesondere die durch sie herbeigeführte Zahlungsunfähigkeit der Savigny-Stiftung, ihre Opfer: Band 1923 aller drei Abteilungen entfiel. Eine Rettungsaktion der Notgemeinschaft Deutscher Wissenschaft machte das Boot wieder flott (20), so dass schon 1924 die drei Abteilungen in der üblichen Weise erscheinen konnten (21). Auch in den folgenden 20 Jahren bis 1944 kamen die jeweiligen Bände trotz zeitweise überaus widriger Umstände regelmäßig und meist auch zeitgerecht heraus (22). Vergrößert wurde die Diskrepanz zwischen Jahren und Bandzahl in der Folge allerdings dadurch, dass man nach 1923 auch wieder in den Jahren 1945, 1946 und 1949 kriegs- und nachkriegsbedingt ohne ,,Deutschlands berühmteste Zeitschrift (23) auskommen musste. Doch schon ab 1950 wird wieder ,,normal" und durchgehend nach Jahren gezählt: RA und GA Band 67ff., KA Band 36ff.

7. Von diesen drei kurzen Intermezzi (von insgesamt vier Jahren/Bänden) abgesehen hat die ZRG die Zeitläufe mit ihren diversen Umbrüchen und Veränderungen im wissenschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen und technischen Bereich gut und ohne Unterbrechung (wenn auch manchmal mit einem etwas ,,zeitversetzten" Erscheinungstermin) überdauert. Ihre Geschicke bis einschließlich Band 100/1983 hat Theo Mayer-Maly in einem Festvortrag auf dem 25. Rechtshistorikertag (RHT) 1984 in Graz unter dem Titel ,,Der Weg der Zeitschrift der Savigny-Stiftung durch die Geschichte" geschildert und analysiert (24). Gleichzeitig haben die Abteilungen jeweils für sich Bilanz über die Entwickiung ihres Faches gezogen (25). Seither ist schon wieder ein Vierteljahrhundert ins Land gegangen. Zeit und Anlass also für einen neuerlichen kurzen Rückblick (26)!

(...)

(Auszug ebd. S.XXXI -XXXV)

 

Böhlau Verlag

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Jg. 125, 2008  - Inhaltsverzeichnis (pdf, 724 KB)
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