Vandenhoeck & Ruprecht
Handbuch Religionswissenschaft
Vorwort
Das spezifische Anliegen des vorliegenden Handbuchs ist es, die Darstellung der Religionen in Geschichte und Gegenwart eng mit den Informationen über zentrale religionenübergreifende Themen zu verbinden; es ist - soweit ich sehe - im deutschen Sprachraum zur Zeit kein religionswissenschaftliches Nachschlagewerk mit dieser zugleich historischen als auch systematisch-vergleichenden Intention im Buchhandel erhältlich. Hinzu kommt die Absicht, in einem Einleitungsteil in knapper Form grundlegende Kenntnisse über das Fach Religionswissenschaft zu vermitteln, deren Geschichte, Gliederung, Methodik, Gegenstandsbereich etc. oft unbekannt sind, trotz des Faktums, dass diese Disziplin in der Öffentlichkeit heute gewissermaßen eine Hochkonjunktur erfährt.
Von Anfang an war die Arbeit in zwei Phasen geplant, die auch im Wesentlichen eingehalten wurden: Zuerst wurden die Beiträge über die einzelnen Religionen (Teil 1) ausgearbeitet, um darauf in den systematisch-vergleichenden Artikeln (Teil 2) Bezug nehmen zu können. Dennoch war bis zur Fertigstellung des Handbuchs im Ganzen ein längerer Zeitraum als ursprünglich geplant erfordert.
Zielsetzung des Handbuchs
1. Grundlageninformationen über die Religionen und ihre Schlüsselthemen
Angesichts der heutigen globalen Situation, die zu einer neuen und intensivierten Begegnung der verschiedenen kulturellen und religiösen Lebensformen führt, bedarf es keiner besonderen Begründung, dass wesentliche Informationen über die verschiedenen Religionen - der „fremden" und der „eigenen", der vergangenen und der gegenwärtigen - nötig sind. Die Frage ist vielmehr, in welcher Weise solche Grundkenntnisse in kompakter und zugleich fundierter Form vermittelt werden können. Das vorliegende Handbuch versucht einen Weg einzuschlagen, der beiden Anliegen gerecht werden will: einerseits diese geforderte Grundlageninformation zu vermitteln, dies aber andererseits zugleich in fachwissenschaftlicher Weise zu tun. Es richtet sich darum sowohl an einen weiteren Leserkreis, der an den wesentlichen Informationen über Religionen und ihre Schlüsselthemen Interesse hat, als auch an jene Personen, die sich beruflich mit Fragen der Religionen befassen und Kenntnisse darüber weitervermitteln.
Es sind vor allem zwei Themenkreise, die heute angefragt sind und bei denen die Antwort der Religionswissenschaft erwartet wird: Zunächst beziehen sie sich auf einzelne Religionen, wie Islam, Buddhismus und andere Religionen, aber auch auf das Christentum - es wird eine religionswissenschaftliche Faktenkenntnis gesucht; das Interesse erstreckt sich aber nicht nur auf heute bestehende Religionen, sondern auch auf vergangene Religionen, wie z. B. die ägyptische oder keltische Religion; der zweite Fragekreis zielt auf einzelne Themen, die den Religionen gemeinsam sind oder die sie unterscheiden (wie z. B. Vorstellungen über das Leben nach dem Tod); verstärkt wird dieses „religionsvergleichende" Interesse durch die heutige intensivierte Begegnung der Religionen.
Diese zwei Fragerichtungen sind ihrer Intention nach verschieden: Im einen Fall steht eine einzelne Religion, ihre Geschichte und Gegenwart, vor Augen, im anderen Fall handelt es sich um ein religionenübergreifendes Thema. Diese Differenz erfordert unterschiedliche Zugänge: Während bei der Darstellung einer konkreten Religion sich die religionsgeschichtliche Methode nahe legt, ist bei Fragen, die eine Vielfalt von Religionen umfassen, eine eher systematisch-vergleichende Methode verlangt. Das vorliegende Handbuch versucht eine Verknüpfung dieser beiden Zugänge und wird diese im Folgenden begründen; auf beide Fragengruppen soll hier eine Antwort gegeben werden (...)
(Auszug, ebenda S. 13)