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Franz Kafka: Der Verschollene

Der Heizer

Als der siebzehnjährige Karl Roßmann, der von seinen armen Eltern nach Amerika geschickt worden war, weil ihn ein Dienstmädchen verführt und ein Kind von ihm bekommen hatte, in dem schon langsam gewordenen Schiff in den Hafen von Newyork einfuhr, erblickte er die schon längst beobachtete Statue der Freiheitsgöttin wie in einem plötzlich stärker gewordenen Sonnenlicht. Ihr Arm mit dem Schwert ragte wie neuerdings empor und um ihre Gestalt wehten die freien Lüfte.

"So hoch", sagte er sich und wurde, wie er so gar nicht an das Weggehn dachte, von der immer mehr anschwellenden Menge der Gepäckträger, die an ihm vorüberzogen, allmählich bis in das Bordgeländer geschoben.

Ein junger Mann, mit dem er während der Fahrt flüchtig bekannt geworden war sagte im Vorübergehn: "Ja haben Sie denn noch keine Lust auszusteigen?" "Ich bin doch fertig", sagte Karl ihn anlachend und hob, aus Übermut und weil er ein starker Junge war, den Koffer auf die Achsel. Aber wie er über seinen Bekannten hinsah, der ein wenig seinen Stock schwenkend sich schon mit den andern entfernte, merkte er, daß er seinen Regenschirm unten im Schiff vergessen hatte.

(...)

 

(Auszug aus : Der Heizer, in: Franz Kafka, Der Verschollene, Hrsg. v. Jost Schillemeit, Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag, November 2002, S. 7)

Franz Kafka: Der Verschollene - Apparatband

Editorische Vorbemerkung

Wie schon bei der Edition des "Schloß"- Romans innerhalb dieser Kritischen Kafka-Ausgabe, so sind auch bei der vorliegenden Ausgabe des "Verschollenen" vor allem zwei Absichten leitend gewesen: die Herstellung eines authentischen Textes und eine möglichst genaue Darstellung der Werk- und Textentstehung, insbesondere der im Manuskript erkennbaren Korrekturvorgänge. Dem entspricht auch hier die Gliederung in zwei zueinander gehörige Teilbände: einen Textband und einen Apparatband, der über die Überlieferungsverhältnisse und die Entstehung des Werkes berichtet und zugeich die textkritischen und textgenetischen Informationen enthält.

Grundlage für die Darbietung des Textes im ersten Teilband ist die Handschrift des Autors in ihrem letzten jeweils erkennbaren Zustand. Eine Ausnahme von dieser Regel bildet lediglich die Textpartie von den Musikanten (323 5) bis auf ihrem Lager wälzte. (354 7), der eine Lücke im Manuskript entspricht: sie wird hier nach dem Erstdruck des Romans wiedergegeben, den Max Brod kurz nach dem Tode Kafkas veranstaltet hat (München: Kurt Wolff 1927). Von dieser Ausnahme abgesehen, folgt die Textwiedergabe eben den Prinzipien, die auch schon für die Ausgabe des "Schloß"- Romans verbindlich waren. Der Charakter der Handschrift, der auch hier keineswegs der einer Reinschrift ist, bleibt gewahrt, und die Darbietung des Textes versucht nicht, durch Normalisierungen oder durch Korrekturen im vermutlichen (oder vermeintlichen) Sinne des Autors den Text der Handschrift zu reinigen oder zu glätten. Eingegriffen wurde nur bei offensichtlichen Versehen (z.B. Verschreibungen) und sonstigen Anomalien in Wortlaut, Orthographie und Interpunktion, die sinnstörend wirken oder die Lesbarkeit des Textes deutlich erschweren würden, sowie bei in Ziffern geschriebenen Größen- oder Zeitangaben. Insbesondere wurde eingegriffen bei offensichtlich versehentlichen Fehlschreibungen des Namens New York wie Neywork oder Newort und bei Abkürzungen wie H.P. (für Herr Pollunder) oder Br. (für Brunelda), nicht dagegen bei regional oder historisch bedingten Besonderheiten der Schreibung oder der Ausdrucksweise (etwa Pragismen) wie Teater, gieng, hieng, fieng, abend (für "abends"), daran vergessen, genug unschuldig, Civil, Chokolade. Sämtliche Eingriffe sind im vorligenden Apparatband in einer gesonderten Liste verzeichnet, mit Ausnahme der folgenden Fälle, in denen stillschweigend eingegriffen wurde:

 (...)"

(Auszug aus der Editorischen Vorbemerkung, in: Franz Kafka, Der Verschollene. Apparatband, Hrsg. v. Jost Schillemeit, Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag, November 2002 )

 

S. Fischer Verlage

Leseprobe
Franz Kafka, Der Verschollene, Hrsg. v. Jost Schillemeit, Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag 2002 (pdf 516 KB)
Franz Kafka, Der Verschollene, Hrsg. v. Jost Schillemeit, Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag 2002 (pdf 516 KB)
Handschrift
KbodB I, 1, Bl.10 r; verkleinert (Originalgröße: 24,7x19,8 cm)
KbodB I, 1, Bl.10 r; verkleinert (Originalgröße: 24,7x19,8 cm)
Leseprobe
Franz Kafka, Der Verschollene. Apparatband, Hrsg. v. Jost Schillemeit, Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag 2002 (pdf 632 KB)
Franz Kafka, Der Verschollene. Apparatband, Hrsg. v. Jost Schillemeit, Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag 2002 (pdf 632 KB)